Ayurvedisches Essen

Wenn ich ayurvedisch koche, sind die meisten europäischen Zuschauer sehr verwundert: „Du nimmst Zimt? (Lachen) Ja, ist denn schon Weihnachten?“ So oder so ähnliche Sprüche kenne ich zu genüge. Das ist keine Überheblichkeit, sondern Unwissenheit.
Sobald ich beginne, zu erklären, hören sie gebannt zu. Sie sind verwundert und verspüren die Lust, es selbst auszuprobieren. Erst recht, wenn sie erst mal riechen, anfassen, sehen und schmecken. So herrlich!

Ayurvedisches Essen ist nicht einfach nur essen. Nicht einfach nur Nahrungsaufnahme, den Bauch füllen.

Die Ebenen

Der Einkauf

Es beginnt mit dem Einkauf, der Auswahl der Zutaten, die eine gute Qualität haben sollten. Yogisch betrachtet nennen wir das sattvic food. Dies zeichnet sich unter anderem durch Qualität, Reinheit (auch vor Zusatz- und Ersatzstoffen) und Frische aus.

Die Nahrungsmittel sollen uns nämlich nähren. Nicht nur stopfen. Nähren, das bedeutet uns erhalten, unsere Systeme stärken. Daher sollte unsere Nahrung von Substanz sein, denn sie werden zu uns. Ein Teil von uns selbst.

Nehmen wir stattdessen nur Hohles zu uns, wie Fast Food, Zusatzstoffe, Glutamate in Fertigprodukten, leere Hüllen wie Weißmehl, Industriezucker, etc. – dann werden wir selbst irgendwann hohl. Da wir den leeren Raum in uns spüren, versuchen wir dann, diesen zu füllen oder zu stopfen. Jedoch funktioniert dies wiederum weder mit Masse, noch mit einem Riesen Eisbecher, Alkohol, Sex oder erschöpfenden Paarbeziehungen.

Nein, es beginnt mit der Auswahl an Zutaten. Die Qualität der Zutaten ist entscheidend – für das Gericht und für das Leben.

Das Zubereiten

Der Kochprozess sollte mit innerer Ruhe vollzogen werden. Mit Liebe kochen – das schmeckt man am Ende. Unerheblich ist dabei, technisch gut zu kochen. Viel wichtiger ist eher, mit dem Geist voll und ganz bei der Sache zu bleiben. Also nicht nebenbei in den Sozialen Medien lesen, im Internet surfen, mit Freunden telefonieren oder ein Buch lesen.

Da, wo deine Augen hinschauen, befindet sich dein Geist!

Koche soviel es geht frisch – gönn dir diesen Luxus!

Das Ambiente

Schaffe ein gutes und ein friedliches Ambiente zum Essen. Das betrifft sowohl, dass der Raum, der Tisch und auch der Teller einladend aussehen. Dass es warm genug und ruhig genug ist. Sitze, während du isst und streite nicht.

Iss mit all deinen Sinnen und deiner Aufmerksamkeit. Kaue gut und iss langsam.

Winterzeit

Ayurvedisch betrachtet ist der Winter nicht nur einfach kalt, sondern Vatha- erhöhend. Bei uns allen. Unabhängig davon, welche Prakrithi (Konstitutionstyp) wir haben. Es ist kalt draußen, die Elemente Luft und Raum sind vorherrschend.

Wird durch das Wetter das Vatha in uns zu stark, können wir Vatha-Störungen entwickeln. Dazu können unter anderem gehören: Schlafstörungen, innere Unruhe, Nervosität, (Kopf)schmerzen und Trockenheit. Aber auch Unsicherheiten, Ängste und Depressionen können ausgelöst werden.

Aber eben auch Erkältungen.

Da Ayurveda eher antagonistisch arbeitet, solltest du aus ayurvedischen Prinzipien alles reduzieren oder vermeiden, was dein Vatha zusätzlich antreibt und das Gegenteil erhöhen bzw. vermehren. Dazu solltest du die Gunas von Vatha, also die Eigenschaften, kennen: Trocken und kalt, Bewegung, Luft und Raum.

Reduziere oder vermeide kalte Lebensmittel. Alles, was Raumtemperatur oder kälter ist, erhöht dein Vatha. Zum Beispiel Eiscreme.

Reduziere oder vermeide außerdem trockene Lebensmittel, zum Beispiel trockenes Brot mit Käse, Salat, Trockenobst.

Erhöhe, was die Wärme in dir erhöht. Warme Tees, warme Speisen, warmherzige Menschen um dich herum, ein warmes und wohliges zu Hause, ein warmes Entspannungsbad. Ein schönes Ambiente während der Nahrungszufuhr ist im Winter noch bedeutender als im Sommer. So gehe damit ganz bewusst um.

Wärmende Gewürze

Zusätzlich kannst du die wärmende Wirkung erhöhen, indem du wärmende Gewürze benutzt. Zu diesen zählen Zimt, Ingwer oder auch Kardamom.

Sie wirken außerdem wärmend auf deinen Verdauungsapparat, sie unterstützen das Agni, das Verdauungsfeuer. Damit wiederum kannst du Blähungen, Sodbrennen oder Appetitlosigkeit bekämpfen. Du kannst einfacher verbrennen und sammelst erst gar nicht Schlacken, die sich in die Zellen setzen und als Hüftgold gespeichert werden bzw. dich von innen heraus krank machen können.

Außerdem kannst du mit einem starken Feuer gegen deine Erkältung angehen. Daher sollten die sogenannten ‚Weihnachtsgewürze‘ wie Zimt, Gewürznelke oder Kardamom auf keinen Fall nur zu Weihnachten benutzt werden, sondern vielmehr im Alltag.

Genau das ist mir ein Anliegen. Dass du die Zusammenhänge verstehst und so verwendest, wie du sie brauchst. Nicht, weil die anderen bestimmen, wann du sie benutzen sollst.

Gegen Erkältung kannst du heißes Wasser trinken. Dies wird auch ayurvedisches Wasser genannt. Denn es hat nicht nur eine wärmende, sondern eine klärende und reinigende Wirkung. Ich trinke jeden Morgen als erstes 1-2 Tassen heißes Wasser. Ohne Tee, ohne Schnick-Schnack. Viele Kunden sind zunächst irritiert und können sich das nicht vorstellen. Jedoch ändert sich das sehr schnell, wenn sie es einfach mal ein paar Tage lang ausprobieren.

Eine Variante davon ist, das heiße Wasser mit Pfeffer und Zitrone zu mischen. Die Zitrone schmeckt lecker, gibt eine Frische und bietet natürlich Vitamin C. Der Pfeffer wärmt wieder und reduziert damit das Vatha.

Kontraindikationen

Viele haben bereits gehört oder gelesen, Ingwer-Tee sei gut gegen Erkältung. Und es stimmt. Dazu brauchst du einfach nur ein paar Stückchen frischen Ingwer mit heißem Wasser aufkochen, fertig.

Aaaaaber – Es gibt tatsächlich Kontraindikationen hierfür.

Ingwer treibt das Pitta an. Das ist das Feuer. Dadurch ist es eben antagonistisch zum Vatha, das dir wiederum die Erkältung bringt- so weit, so gut.

Solltest du allerdings an Pitta-Störungen leiden, dann wäre dies kontraproduktiv. Die Logik: Feuer + noch mehr Feuer = sehr viel Feuer. Du würdest also mit dem Ingwer-Tee, vor allem in großen Mengen, das Feuer sehr anfachen und damit die Pitta-Störungen verstärken. Pitta-Störung könnten zum Beispiel Entzündungen sein.

Um es nicht zu kompliziert zu machen, kannst du dir einfach merken: Bei Erkältung trink gern Ingwer-Tee, aber nicht den ganzen Tag über. Solltest du Entzündungen haben, dann maximal 1-2 Tassen pro Tag.

Eine andere Kontraindikation betrifft die Gewürznelke. Denn die ist für Schwangere, insbesondere für hochschwangere Frauen nicht geeignet. Sie hat eine wehenfördernde Wirkung – lass es lieber und gehe kein Risiko ein!

Good to know

Wusstest du, dass die Gewürznelke in vielen Zahncremes und Mundwassern enthalten ist? Das hat mit ihrem guten Einfluss auf die Mundhygiene zu tun. Sie wirkt gegen Mundgeruch, Mundfäulnis und Zahnschmerzen.

Wusstest du, dass frischer Ingwer gegen Übelkeit hilft? Egal ob Übelkeit während einer Reise, der Schwangerschaft oder einer Chemo-Therapie. Einfach nur kauen.

Wusstest du, dass Ingwer gut für Sportler ist? Unter anderem entspannt es die Muskeln, ein Muskelkater hat es schwerer, sein Unwesen zu treiben. Und es stärkt das Herz-Kreislauf-System.

Wusstest du, dass du an Kardamom nicht vorbei kommst, wenn du an einen ausgeglichenen Säure-Basen-Haushalt interessiert bist? Und dass Kardamom deine Gedächtnis-Leistung erhöht?

Wusstest du, dass Kurkuma als Paste in der Nacht vor der Hochzeit auf die Haut der Braut gerieben wird? Denn es reinigt die Haut, schützt vor Bakterien und bösen Geistern und verleiht der Haut einen tollen Schimmer. Vielleicht nicht immer bei Sahibs (Bleichgesichtern), da ist es dann einfach nur gelb 😉